Freitag, 24. Februar 2017

Türkei: Darwin fliegt aus Lehrplänen, auch Atatürk soll verschwinden

Kurz notiert!
Für Regierungskritiker ist das ein weiterer Beweis, dass das Land islamisiert werden soll.
"Säkularismus", "Wiedergeburt" und "Atheismus" sollen in Religionsbüchern als "problematische Überzeugungen" und als "Krankheiten" eingestuft werden. Die Evolutionstheorie von Charles Darwin muss aus den gymnasialen Lehrplänen gestrichen werden. Der Gründer der laizistischen Republik, Mustafa Kemal Atatürk, soll immer mehr aus den Unterrichtsinhalten verschwinden.

Weg von der Wissenschaft 
Diese Neuerungen in den Lehrplänen kündigte am Dienstag den 21. 02.2017 der türkische Bildungsminister Ismet Yilmaz an. Geht es nach dem Willen seines Ministeriums, soll das Maßnahmenpaket ab Februar 2017 in Kraft treten. Damit würde umgesetzt, was Säkularisten in der Türkei schon seit langer Zeit fürchten: Die islamisch­konservative AKP Regierung stärkt nach deren Meinung Schritt für Schritt die religiösen Inhalte in Bildungsanstalten, indem sie etwa die Theorie des Kreationismus unterstützt.

Der Kreationismus lehnt die Evolutionstheorie strikt ab und geht davon aus, dass alle Arten nur von Gott (Allah) geschaffen wurden. "Die Beseitigung der Evolutionstheorie aus den türkischen Schulen scheint die jüngste Runde im Jahrhundertealten Kulturkrieg zu sein", kommentierte der regierungskritische Journalist Mustafa Akyol den jüngsten Vorstoß im Internetmagazin "Al­Monitor". ... 

Lebewesen und die Umwelt
Statt der Evolutionstheorie soll das Ersatzkapitel mit dem Titel "Lebewesen und die Umwelt" in den neuen Schulbüchern zu finden sein. Zudem sollen alle Hinweise auf Darwin’sche oder "neo­darwinistische" Theorien entfernt werden. "Mit anderen Worten, ein türkischer High­School­Absolvent wird nichts über eine der wichtigsten wissenschaftlichen Theorien lernen", konstatiert der Journalist Akyol.

Mit solch einem Vorgehen würden die religiös Konservativen glauben, sie würden das Bildungssystem "reinigen". Die Türkei ist das einzige muslimische Land, das ein laizistisches Selbstverständnis hat. Laut Verfassung dürfen "heilige religiöse Gefühle" nicht "mit den Angelegenheiten und der Politik des Staates" vermischt werden (wie lange das noch so ist...). Ein Grundsatz, an den sich auch Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bis jetzt zu halten hätte. Tatsächlich aber hält sich Erdogan oft nicht an diese Vorgabe. So hat er bei Wahlkämpfen gelegentlich einen Koran in der Hand gehalten, was als Tabubruch in der Türkei gilt.

Es tut sich einiges in der Türkei:
Das Kopftuchverbot für weibliche Offiziere und Unteroffiziere sowie Schülerinnen an Militärakademien wurde am Mittwoch 22. Februar 2017 vom türkischen Verteidigungsministerium aufgehoben, wie die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Die islamisch-konservative Regierung von Recep Tayyip Erdogan hatte in den vergangenen Jahren bereits das Kopftuchverbot an Universitäten und Schulen sowie im Parlament und in der Justiz aufgehoben. Die Zulassung des symbolträchtigen Kleidungsstücks in staatlichen Einrichtungen sorgte für heftige Proteste der Kemalisten, die den säkularen Charakter des von Mustafa Kemal Atatürk gegründeten Staates in Gefahr sahen, doch Atatürks Gedankengut -soll wie oben berichtet- aus dem Leben der Türkei so schnell wie möglich verschwinden.

Kritik an der EU
Das türkische Außenministerium kritisiert einen EU­Geheimbericht über den Putschversuch. "Wenn die Geheimdienstorganisationen wirklich ein solches Referat erstellen, ist es ein eindeutiger Beweis dafür, dass die EU mit böswilliger Absicht handelt"(!), heißt es in einer Mitteilung. Diese Mitteilung nimmt Bezug auf Medienberichte. Bisher habe Ankara keine Bestätigung über das in Medien zitierte Dokument erhalten, wird in der Stellungnahme Ankaras mit der Überschrift "Wir erwarten eine Erklärung von den EU­-Zuständigen" kritisiert.

Laut diverser Berichte hat die geheimdienstliche Analyseabteilung des Auswärtigen Amtes der EU (EUINTCEN) eine Studie anfertigen lassen, welche zu dem Schluss gekommen sein soll, dass Fethullah Gülen wahrscheinlich nicht hinter dem vereitelten Putschversuch steckte. Das Fazit der Analyse: "Der Umsturzversuch war nur der Auslöser einer Säuberungswelle, die lange im Voraus vorbereitet wurde."

Wegen der aktuellen politischen Lage: Fast alle Flughäfen streichen Urlaubs-Flüge in die Türkei
Infolink: http://www.heute.at/freizeit/reisen/Fast-alle-Flughaefen-streichen-Urlaubs-Fluege-in-die-Tuerkei;art23666,1401602

Das österreichische Außenministerium spricht auf seiner Website eine partielle Reisewarnung für die Türkei aus. Aufgrund des seit 20. Juli 2016 geltenden landesweiten Ausnahmezustandes kommt es zu verstärkten Personenkontrollen. Verschärfungen wie Ausgangssperren können jederzeit erfolgen. Das Ministerium empfiehlt dringend, Menschenansammlungen und Demonstrationen großräumig zu meiden. Auch stark frequentierte Plätze wie öffentliche Verkehrsmittel, Einkaufszentren, Großveranstaltungen, religiöse Stätten, touristische Sehenswürdigkeiten, Staats- und Regierungsgebäude sowie militärische Einrichtungen sind nicht sicher.

NATO-Atombomben in der Türkei, Incirlik
Gleichzeitig werden immer mehr Stimmen laut, die ein verbleiben der NATO / USA Atombomben in der Türkei für unsicher halten. Der Westen sorgt sich um US-Atomwaffen in der Türkei. „Die Türkei ist kein sicherer Ort mehr für US-Atombomben“, schreibt Jeffrey Lewis, Direktor des Programms „East Asia Nonproliferation“ des Monterey Institute of International Studies in der Zeitung „Foreign Policy“. Immerhin befinden sich geschätzt 60-70 NATO/USA-Atombomben am türkischen NATO-Stützpunkt Incirlik.
Quellen: OÖN, Wikipedia
Direktlink: OÖN