Mittwoch, 6. Mai 2015

Die Geheim-Archive des Vatikans - und der Geheimdienst des Vatikans

Uralte Texte aber auch ganz neue brisante Dokumente finden sich hier: Seit dem 4. Jahrhundert hebt die katholische Kirche ihre Aufzeichnungen auf. Im Jahr 1612 richtet Papst Paul V. das Archivum Secretum Apostolicum Vaticanum, das korrekt mit „Privatarchiv“ übersetzt werden müsste, als zentrale Sammelstelle ein. Seitdem ist es von Jahr zu Jahr gewachsen.

Blick in Teile des Geheim-Archivs
Doch manche Texte, Schriftrollen und Aufzeichnungen die hier lagern sind so alt, dass sie in die frühe Menscheitsgeschichte hineinreichen. Texte für die Menschen gestorben sind, für die Menschen von der Inquisition verfolgt und getötet wurden. Die Aktenberge sind nahezu unermesslich. Die Kirche hat alles Wissen, jeden Text, jedes Bild was jeweils von Wert schien hier gehortet. Texte die der Kirche gefährlich werden könnten, auch Texte von Anbeginn des Christlichen Glaubens, uralte Schriftrollen die die Kirche lieber nicht öffentlich zugänglich machen wollte, aber von denen sie sich auch nicht trennen konnte oder wollte.  Diese wichtigsten Dokumente und Texte liegen unter dem Cortile della Pigna, dem Pinienhof mit der namengebenden Skulptur. ... 


Das Geheimen-Archive des Vatikans ist heute einer der best geschützten Anlagen der Welt, ein Bunker, eine Schatzkammer der Geschichte.
Der Inhalt: Ein Labyrinth aus Schränken und Regalen. Die Wände sind aus Stahlbeton und nach Angaben des Vatikans atombombensicher. Ein spezielles Lüftungssystem regelt das Klima, damit die hochempfindlichen uralten Dokumente so gut es geht erhalten bleiben. Doch hier lagen nur die speziellsten Dokumente und Texte. Zusätzlich gibt es in den Sälen des Apostolischen Palastes, noch weitere der insgesamt mehr als 600 Einzelarchive der Kirche. Würde man alle Regale des Geheimarchivs hintereinanderstellen, ergäbe das dann eine Strecke von Frankfurt am Main nach Mannheim: 85 Kilometer Akten. Ganz schön viel Material, wenn man bedenkt dass die "heiligen Texte" der Kirche in ein einziges Buch passen.

Eine Kirche voller Geheimnisse!
Das Geheime-Archiv des Vatikans ist natürlich auch ein Versteck für Akten, die ein sehr schlechtes Licht auf die katholische Kirche werfen (und besser verborgen bleiben sollen). Einiges davon ist bekannt! Zum Beispiel die Peinlichkeiten aus der Vergangenheit der Kirche wie die Konstantinische Schenkung, die berühmteste Lüge der Weltgeschichte. In dieser gefälschten Urkunde aus der Zeit um das Jahr 800 wird rückwirkend Papst Silvester I. und all seinen Nachfolgern die westliche Hälfte des Römischen Reiches zugesprochen (!). Auf diesen Betrug (Fälschung) gründeten sich jahrhundertelang die Machtansprüche der Päpste. Der älteste „Archiv-Ordner“ in den Regalen ist der Liber Diurnus Romanorum Pontificum, eine Sammlung von etwa 100 kirchlichen Formularen und Briefen aus der Zeit vom Ende des 5. Jahrhunderts bis in das 11. Jahrhundert.

Viele Jahrhunderte hindurch durfte nur eine Handvoll Menschen das Geheimarchiv überhaupt betreten. Eigentlich wusste fast niemand, dass es diesen Ort gibt. 1881 "öffnet" dann Leo XIII. erstmalig das geheime Archiv der Päpste – eine Sensation für die Wissenschaft. Doch nicht alles ist auch zugänglich, vieles soll weiter verborgen bleiben! Was steht nun wirklich in den alten Dokumenten? Welche Geheimnisse verbergen sich hier? Versuchte die Kirche, irgendetwas zu vertuschen? Vereinfacht gesagt JA, die geheime Kirchenführung (nicht der Papst selbst) will nicht alles öffentlich machen, weder heute noch morgen.

Alte Texte aus dem Geheimarchiv
Gäbe es nach so vielen Jahrhunderten eigentlich überhaupt noch Geheimnisse zu entdecken?  Bis heute ist es auch in den zugänglichen Bereichen des Archivs nur wenigen ausgewählten, erlesenen Historikern vorbehalten, die Regale zu durchstöbern. Wer hier auf Spurensuche durch die Geschichte gehen will, muss in einer aufwendigen Prozedur nachweisen, dass er ein berechtigtes Interesse hat. Ein Doktortitel oder die Anmeldung zur Dissertation sind neben vielen anderen hilfreich. Aber mindestens sollte man aber ein entsprechendes Empfehlungsschreiben seiner Fakultät vorlegen können.

Doch immer wieder geschieht auch unvorhergesehenes: In früheren Zeiten sind Dokumente oft falsch eingeordnet worden, manches wird übersehen. Ein Beispiel dazu: Die Akte des Tempelritterprozesses. Sie ist eines der beeindruckendsten Stücke im Archiv. Die Protokolle sind ein aus 80 Pergamenten zusammengenähtes 56 Meter langes Dokument. Am Ende des Verfahrens gegen die Templer stand die Auflösung ihres Ordens, die Beschlagnahme der Besitzungen und des Vermögens der Templer. Der letzte Großmeister, Jacques de Molay, musste nach brutalen Verhören auf dem Scheiterhaufen brennen. Diese Kirchen-Prozessakte blieb 700 Jahre unentdeckt – was der katholischen Kirche nur sehr recht sein konnte. Denn in der Pergamenturkunde von Chinon aus dem Jahr 1308 sprach Papst Clemens V. den letzten Großmeister der Templer von allen Anschuldigungen frei, (das ist bis heute noch immer weitgehend unbekannt). Das Dokument beweist, dass die Macht des Papstes nur sehr begrenzt war und er nicht das letzte Wort hatte: Auf Druck des französischen Königs Philipp IV. wurde der Templerprozess trotz der Absolution durch den Papst Clemens V. neu aufgerollt und nach Vorstellung des französischen Königs zuende geführt. Diese für die Kirche unangenehmen Akte fand die italienische Paläografin Dr. Barbara Frale erst vor wenigen Jahren.

Das Archiv birgt viele Geheimnisse!Welche Worte richtete Marie Antoinette 1793 aus ihrer Todeszelle an Papst Pius VI? Wie lautet das Urteil gegen Galileo Galilei (das Urteil gegen Galileo Galilei von 1633 ist kein Ruhmesblatt. Die Kirche musste es 350 Jahre später revidieren)? Oder was steht in der Bannbulle gegen Martin Luther? Was ist unter Ad Extirpanda zu verstehen? Mit der „Ad Extirpanda“ (auf Deutsch: „zur Ausrottung“) aus dem Jahr 1252 gestattete Papst Innozenz IV. offiziell die Folter, um Geständnisse von vermeintlichen Ketzern und Hexen zu erzwingen. Auch über Themen wie UFO Sichtungen und deren Hintergründe könnte der Vatikan einiges an Informationen beitragen. (Der Chefastronom des Vatikan, José Gabriel Funes hat in einem Interview mit der Zeitung L'Osservatore Romano die Haltung des Vatikan gegenüber außerirdischen Lebensformen konkretisiert. Unter der Überschrift "Der Außerirdische ist mein Bruder" bekräftigt er: Der katholische Glauben ist mit der möglichen Existenz von Außerirdischen durchaus vereinbar. Siehe dazu auch den LINK inkl. Interview-Video)

Papst Pius XII (1939 bis 1958)
Und auch Fragen zur jüngeren Zeitgeschichte können durch Akten aus dem Geheimarchiv beantwortet werden. Fragen wie z.B. "welche Rolle spielte der Vatikan zur Zeit des Nationalsozialismus" können genauso herausgefunden werden. Die Akten von Pius XI. (1922 bis 1939) wie auch die von Papst Pius XII (1939 bis 1958) würden dazu gezielte Aussagen machen lassen (1939–1958). Alleine über die bekannten, noch nicht freigegebenen Akten aus der Zeit Pius des XII (in etwa 250.000 Schachteln eingelagerten Akten) erwartet die Wissenschaft Aufschluss darüber, welche Rolle der Vatikan zur Zeit der Nationalsozialisten und im Kalten Krieg spielte. Doch nie kommt alles an das Licht der Öffentlichkeit! Texte verschwinden, sind unauffindbar (!). Zwar ist das Archiv des Vatikans seit 1881 wie schon gesagt nur für ausgewählte Forscher "offen", doch nur der Papst entscheidet, welche Dokumente wann zugänglich gemacht werden. Für das Vatikan-Archiv gelten bestimmte Verschlussfristen vor deren Ablauf die jeweiligen Dokumente und Texte NICHT öffentlich und auch nicht für die Forschung zugänglich gemacht werden dürfen.

Wie der Vatikan Nazis zur Flucht verhalf
Adolf Eichmann, Josef Mengele, Ante Pavelic: Nach dem zweiten Weltkrieg verhalfen kirchliche Würdenträger Nazis zur Flucht nach Übersee - ein kaum thematisiertes Kapitel in der römisch-katholischen Kirchengeschichte. ... lesen sie hier weiter .... ==>
ORF-DIREKTLINK: http://religion.orf.at/stories/2708868

Für viele gläubige Christen sicher eine unangenehme Vorstellung.
Dabei muss man bedenken, dass der Vatikan, die Kirche über einen der besten Geheimdienste (wenn nicht den Besten) der Welt verfügt. Im Grunde genommen versorgt jeder Pfarrer, jeder Bishof und Kardinal rund (immerhin zweieinhalb Millionen »Berufskatholiken«, dazu kommen noch unzählige Laien) den Vatikan mit Informationen, auch Informationen an die ein normaler Mensch nicht herankommen kann (keine Verschwörungstheorie, sondern eine Tatsache).

Der Papst und seine engsten Berater gelten als die bestinformierten Staatenlenker der Welt!
Ein wichtiger Teil des Vatikan-Geheimdienstes ist die Abteilung „Römische Inquisition“. Die Gründung der Römischen Inquisition (Sacra Congregatio Romanae et universalis Inquisitionis bzw. Congregatio Sancti Officii). Sie wurde durch die Bulle Licet ab initio Papst Pauls III. am 4. Juli 1542 gegründet. Sie wird gelegendlich auch als Ältester Geheimdienst der Welt bezeichnet. Heute nennt sich die Inquisitionsbehörde schlicht "Glaubenskongregation". Auch die Kontakte des Vatikans zu westlichen Geheimdiensten waren schon immer sehr eng - und sind es auch bis heute.
Siehe dazu auch das PDF: http://www.kath.de/kaltefleiter/heilige_allianz.pdf
(Der PDF-TEXT bezieht sich auf das Buch von Eric Frattini: The Entity – Five Centuries of Secret Vatican Espionage. Translated by Dick Cluster. St. Martin´s Press, New York, N.Y. aus 2008)

Ob die Geheimdienst-Organisationen des Vatikans überhaupt als Geheimdienst im herkömmlichen Sinne zu interpretieren sind oder als Netzwerk zur Informationsgewinnung an dem weit mehr als zweieinhalb Millionen Informanten weltweit beteiligt sind, ist eher eine Frage der Auslegung. Ein perfekter Nachrichtendienst ist er allemal.
Eines ist aber ganz sicher: Im Archiv des Vatikans liegen noch viele Antworten.