Dienstag, 9. April 2013

Vereinigte Staaten von Europa?

Die "Vereinigten Staaten von Europa“ sollen den Weg aus der Krise weisen.
Wie sieht die geplante Zukunft aus - und warum wird sie so geplant, der Versuch einer Erklärung.

Heute, im Frühjahr 2013 ist Europas Wirtschafts- und Finanzsystem wirklich krank: Der Euro dümpelt auf dem tiefsten Niveau der letzten zwei Jahre, immer mehr Eurostaaten haben bereits unter dem "Rettungsschirm" vorerst Schutz gesucht. Europas Süden ächzt unter Sparmaßnahmen. Bankkunden zahlen für die Bankverluste und Sparer wurden für die Bankenrettung teilenteignet. Die Zahl der Arbeitslosen ist so hoch wie nie.  Trotz der vielen Gipfeltreffen, auf denen Europas Staatschefs nach Gegenmaßnahmen suchen, ist ein Ende der Krise nicht annähernd in Sicht. Auch wenn es immer wieder angekündigt wird.

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Einige Politiker plädieren dafür, das Haus Europa noch mehr zusammenzuschnüren, die Nation endgültig zu überwinden. Eine europäische Regierung, ein europäisches Finanzsystem, eine europäische Finanzbehöre, ein europäischer Finanzminister (darüber wird schon diskutiert). Eine einheitlichere Lenkung der europäischen Finanz- und Wirtschaftspolitik (ohne irgendwelche Staatlichen-Sonderregelungen) ist nötig, hört man hinter verschlossenen Türen. Und: Das Ergebnis der Krise wird eine föderale Union sein, die die Grundlage für eine Währungsunion sein muss. Auch einige Politologen wie z.B. der Österreicher Anton Pelinka glaubt an ein solches vereinigtes Europa. Für die Konstruktion der vereinigte Staaten von Europa kommt natürlich die jetzige Finanzkrise sehr recht, ohne dieser wäre es NICHT MÖGLICH die Bürger der einzelnen Länder Europas unter einen "Europahut" zu bringen. Ihre Selbständigkeit aufzugeben und sich von anderen regieren zu lassen. Solange Staaten wie Zypern das Finanzsystem, Steuersystem innerhalb dieses geplanten Europas stören, kann es ebenso zu keiner Vereinheitlichung kommen. So müssen alle diese Staaten erst einmal mit Druck, oder mit Geld unter die Kontrolle gebracht werden.

Doch egal wie man das alles sehen mag, hat ein vereinigtes Europa überhaupt eine Chance?
Mit den vielen unterschiedlichen Ansichten, unterschiedlichen Sprachen, verschiedenen Gesetzen. Jeder hat sein Militärsystem, sein eigenen Finanzsystem, seine eigenen Bürgerrechte und seineVerfassungen. Kein Wunder, dass man sich da seit Jahren von Seiten der Politik bemüht, eine einheitliche Europaverfassung einzuführen.

Doch Europa steht jetzt schon unter Druck und jeden Tag steigt dieser Druck weiter
Der Ruf wird immer lauter: Eine noch stärkere, bessere Fiskalunion soll die finanz- und wirtschaftspolitischen  Probleme beseitigen, Neue Rettungsmaßnahmen (Schirme) müssen her, aber gebracht hat das alles bisher nur wenig - im Gegenteil. Das liegt vor allem an der engen Verzahnung zwischen der Verschuldung des Finanzsektors und der des Staatssektors. Staaten retten ihre Banken, die wiederum kaufen dafür Staatsanleihen.

So wird jede Bankenkrise zur Staatsschuldenkrise und umgekehrt. Zahlen werden zum Schluss die Bürger der europäischen Staaten. Von der Politik hört man: Abhilfe schaffen wird künftig die neue Bankenunion. Einheitliche Regeln, nach denen Europas Finanzinstitute beaufsichtigt, gestützt oder im Ernstfall abgewickelt und Ungleichgewichte der Eurostaaten austariert werden. Doch ist das wahr?

Der neue  2012 beschlossene Fiskalpakt soll der erste Schritt zu einer gemeinsam gestalteten Finanz- und Wirtschaftspolitik sein.
Dieser Vertrag: "Der Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion“, kurz Fiskalpakt, ist die Grundlage für weitreichende Änderungen in der wirtschaftlichen und politischen Struktur Europas. Der Fiskalpakt wurde schon Anfang März 2012 von allen EU-Staaten außer Großbritannien und Tschechien unterzeichnet. Ob links- oder rechtsgerichtete Ökonomen - sofort wurde und wird der Fiskalpakt heftig kritisiert. Erweist sich der Fiskalpakt jedoch als tragfähig, könnte er der wirkliche (unbemerkte) Einstieg in die Fiskalunion sein, also der erste Schritt in eine gemeinsam gestaltete Budgetpolitik Europas. Mit dem Endergebnis einer europäische Finanzpolitik aus einer Hand (welcher Hand???).

Wie sehe das praktisch aus? Ob Steuern, Sozialabgaben, Subventionen oder neue Schulden - die "Europaregierung" in Brüssel müsste seinen Segen dazu geben.  Das heißt natürlich das die einzelnen Nationalstaaten dafür einen Großteil ihrer haushaltspolitischen Souveränität aufgeben müssen, ein schwerer Verzicht der nur unter massivem Druck und Geldnot möglich sein kann. Eine Abgabe dieser Souveränität an Brüssel wäre in den einzelnen Ländern nur mit Volksabstimmungen möglich. Das Volk stimmt so etwas nur in Zeiten der größten Not zu (nach der Devise: "Es ist schon alles egal"). Ob Europa den Weg zu mehr Integration findet, bestimmt am Ende der Bürger und ob dieser in den kommenden Zeiten der Finanzprobleme und Finanznöten richtig entscheidet bleibt offen. Wahlen zeigen immer wieder, dass Menschen einer vorgetäuschten Sicherheit gegenüber Freiheit vorziehen.

In groben Umrissen sieht die Euro-Vision derzeit so aus: 
Die Währungsunion entwickelt sich zu den Vereinigten Staaten von Euro-Land weiter. Einem Super-Staat mit gemeinsamer Regierung (der heutigen Kommission), einem Parlament mit echten Initiativrechten und einer Länderkammer (dem heutigen Ministerrat).
  • Es gibt einen europäischen Präsidenten, der vom Volk gewählt wird, er steht der europäischen Regierung vor.
  • Das europäische Parlament entscheidet über eigene Einnahmen (Steuern, Sozialabgaben, Zölle, Schulden) und eigene Ausgaben.
  • Teile der europäischen Sozialstaatlichkeit werden auf die europäische Ebene verlagert, insbesondere eine Basisabsicherung für Arbeitslose, womöglich auch eine Basisrente; nationale Regelungen können die gemeinschaftlichen Unterstützungsniveaus aus den nationalen Haushalten aufstocken.
  • Der europäische Super-Staat verfügt über eine vereinheitlichte Armee, die billiger und schlagkräftiger ist als 17 (oder 27) nationale Streitkräfte. Also heißt das für Österreich doch hin zum Berufsheer! Quelle dieser 4 Punkte
Die letzte Frage aber bleibt, ob sich Europa, dieses Flickwerk aus bald 28 Nationen, einer Vielzahl von Mentalitäten und 500 Millionen Menschen, sich überhaupt DAUERHAFT vereinigen lässt.
19 Jahre ist es her, da haben die Österreicher mit Zweidrittelmehrheit für den Beitritt zur EU gestimmt und bald werden wir wie auch der Rest der EU-Bürger vielleicht abstimmen müssen, was wir weiter haben wollen.

Anm.: "Vereinigten Staaten von Europa“  = könnte natürlich auch noch anders benannt werden!
Dieser Beitrag ist nicht als Kritik zu verstehen, er soll nur wertfrei informieren. 
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Die Zeichen der Zeit  
Österreich
Über die „Vereinigten Staaten von Europa“ diskutierten am 19.Februar 2013 auf Einladung der Karl-Franzens Universität Graz Kenner der Materie: Ex-Kanzler Gusenbauer, Ex-Kommissar Fischler, EU-Abg. Mölzer und Uni.-Prof. Storr. Bis auf einen Politiker waren alle Politiker und Ex-Politiker für die „Vereinigten Staaten von Europa“.
Als Video zu sehen - LINK: http://www.youtube.com/watch?v=RxjyE1KPxIs

Zitate:
Die Vereinigten Staaten von Europa sind für mich eine faszinierende Vision. (Wiens Bürgermeister Dr. Häupl)
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Europa wird einen Präsidenten mit eigener Regierung bekommen! (Der frühere SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer
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Ich bin für Vereinigte Staaten von Europa, weil ich glaube, dass nur die Vereinigten Staaten von Europa die Chance bieten, die EU und ihre Einzelstaaten wettbewerbsfähig zu halten (Bundeskanzler Dr. Werner Faymann)
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Die Österreichische Finanzministerin Dr. Maria Fekter träumt von den Vereinigten Staaten von Europa. Fekter würde Budgethoheit an Brüssel abgeben (Quelle
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Die EU-Justizkommissarin Dr. Reding hat sich für die Weiterentwicklung der Europäischen Union zu den "Vereinigten Staaten von Europa" ausgesprochen. Die EU-Kommission würde die Zentralregierung bilden. (Quelle)
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Die deutsche Kanzlerin Dr. Merkel entwickelt eine Vision der Vereinigten Staaten von Europa
... In einem Prozess werden wir mehr Macht an die EU-Kommission abgeben, welche dann wie eine Regierung von Europa handeln wird...
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Der deutsche Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble: "... das Europa der Zukunft wird kein föderaler Staat nach dem Vorbild der USA ..."
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble malte die Vision eines direkt gewählten EU-Ratspräsidenten. Außerdem forderte Schäuble, den Europäischen Organen mehr Entscheidungen zuzugestehen.